Geschichte

Erster Weltkrieg



LUSÉRN IM ERSTEN WELTKRIEG

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die zunehmenden Spannungen im diplomatischen Verhältnis zwischen Italien und Österreich-Ungarn klar erkennbar und somit auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein bewaffneter Konflikt ausbrechen würde. Lusern und das obere Asticotal, die zu Österreich-Ungarn gehörten, befanden sich unmittelbar an der Staatsgrenze. Von 1908 an waren sie Schauplatz eines Projekts der Wiener Regierung, das die Konstruktion einer beeindruckenden Befestigungsline vorsah. So kam es, dass zwischen Folgaria und Vezzena sieben große Festungswerke errichtet wurden: Cima Vezzena, Verle, Forte Campo Lusern, Forte Belvedere, Cherle, Sommo Alto und Dosso delle Somme. Italien hingegen errichtete im Gebiet der Fiorentiner Alpen die Festungen Verena, Campolongo und Campomolon.

Der Bau des Festungswerks Lusern (Forte Campo Lusern) bot der Bevölkerung von Lusern eine bemerkenswerte Einkommensquelle. Zwischen 1908 und 1912 wurde die gesamte Gemeinde im Bau beschäftigt, was für einen gewissen Wohlstand im Ort sorgte, wenngleich dieser Wohlstand nicht von langer Dauer war und durch die Kriegsereignisse, die sich schon bald ereignen sollten, ein jähes Ende fand. Obwohl das Werk Lusern das wohl beeindruckendste unter allen Festungswerken war (es wurde auch "Gottvater" genannt, gerade wegen seiner enormen Größe), geriet es in den ersten Kriegstagen in große Schwierigkeiten, weil es sich an einem strategisch wichtigen Punkt befand und deshalb von der italienischen Front am stärksten unter Beschuss genommen wurde. Nach einer heftigen Bombardierung, als die Gefahr bestand, dass die großkalibrigen Granaten die Öl- und Benzinvorratskammern treffen könnten, wurde auf Befehl des Kommandanten Emanuel Nebesar die weiße Flagge gehisst. Die Entscheidung wurde von den anderen österreichischen Festungen jedoch nicht akzeptiert. Nach dem waghalsigen Einsatz eines Freiwilligen, dem es gelang, die weiße Flagge zu entfernen, wurde das Festungswerk Lusern von den Österreichern wieder besetzt und bis zur Offensive im Mai 1916 gehalten, als sich die Front verschob.

Die Bewohner von Lusern mussten den unter Beschuss stehenden Ort verlassen und konnten nur das Notwendigste mit sich tragen. Sie wurden in Aussig in Nordböhmen untergebracht und auf mehrere Ortschaften verteilt. Erst im Winter 1919 konnten sie in die Heimat zurückkehren.

Nach drei Kriegsjahren war Lusern größtenteils zerstört und man musste sich daher um die vollständige Neuerrichtung der Gebäude kümmern. Die italienische Regierung stellte Hilfsmittel bereit und für diejenigen Luserner, die in der Lage waren, solche Arbeiten zu verrichten, bot der Wiederaufbau zumindest für einige Jahre einen Arbeitsplatz.